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Brief von Dirk Edzen Aukes an die "Ostfriesische Nachrichten"

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Dirk Edzen Aukes

Im Jahre 1912 schrieb der in Canum geborene Dirk Edzen Aukes einen Brief an die Zeitung ‚Ostfriesische Nachrichten’, die in Breda/Iowa publiziert wurde.
Dieser Brief wurde abgedruckt in dem Buch von Hans-Georg Boyken Wo sind sie geblieben? – Ostfriesen in Amerika (Volume 3; ISBN 0-9670802-3-1).

Wir danken Herrn Boyken in Titonka/Iowa für die freundliche Genehmigung dieser Veröffentlichung!

Wellsburg, Iowa, 8. Juli 1912. Las ich da in den Nachrichten vom 1. Juli, daß eine Frau B. U. WEILAND geb. HÖLSCHER, von Atencio, New Mexico, gerne wissen möchte, wo die Canumer wohl alle stecken hier in Amerika.
Ja, welcher Canumer möchte das wohl nicht wissen, und auch dazu wissen, wie es den Canumern allen geht. Schreiber dieses war letzten Sommer noch persönlich drüben im alten Dorfe und da mußte er auf so manche ihm gestellte Frage die Antwort schuldig bleiben. Wie konnte er auch wissen, daß eine Nachbarstochter sich ganz nach dem Staate New Mexiko verirrt hätte! Und so mag in jedem Staate ein Canumer stecken, wenn auch die meisten in Illinois und Iowa sind.

Im Jahre 1849, meinem Geburtsjahr, ging die Familie Lüppe LÜPPEN aus Canum fort nach Pekin, Ill..
Später reiste Albert ROSS zuerst nach Freeport, kam aber 1868 mit Familie nach dieser Gegend. Der Vater starb vor etwa 15 Jahren, die Witwe mit einem Sohn wohnt in Wellsburg, der andere Sohn und eine Tochter in der Umgegend. Im Jahre 1856 verließ Andreas DE VRIES mit Familie Canum und kam auch nach Freeport. Die Eltern sind schon längst tot und mit wenig Ausnahmen auch die Kinder.
Auch Jakob KURZLEBEN kam nach Freeport. 1868 aber schon nach Grundy Co., Ia., wo er 1874 starb und seine Witwe hinterließ, die noch jetzt hier wohnt mit einem Sohn und 3 Töchtern; ein Sohn Harm starb 1888 und hinterließ auch einen Sohn Jakob, der verheiratet ist und auch einen Sohn hat. Fünf Generationen hindurch hat der Schreiber die Familie gekannt und immer war nur ein männlicher KURZLEBEN in der Familie.
Im Jahre 1864 ging Eppe TELLINGHUISEN fort, siedelte sich auch erst bei Freeport an, kam später nach hier und zog dann weiter nach Lennox, S. Dak. Die Eltern sind schon längst tot, aber sicherlich sind noch Kinder und Enkel vorhanden. Weiterhin zogen Peter WILTFANG und seine starke Frau Nantke nach Amerika; sie wohnten bei Talmage, Nebr., und es geht ihnen hoffentlich sehr gut.

Dann kamen die VAN BOENING’s, die Witwe mit den meisten Kindern, nach Logan Co., Ill. Klaas und Aeilt starben beide in Illinois und auch wohl die Mutter Liesbetmö; Wilke starb in Nebraska, ebenso Egbert, Jann soll noch in Hastings wohnen und der bekannte O. N. Schreiber und Schriftsteller Siemen VAN BOENING lebt ja in Rosemont. Alle sind mehr oder weniger alte Schulkameraden des Schreibers.
Mein Bruder Dr. E. E. AUKES wohnt jetzt in Normal bei Lincoln, Nebr., er ging 1867 nach hier, der Schreiber im folgenden Winter und Bruder Reinder im Frühjahr, alle zuerst nach Pekin, und San Jose, Ill., und ein Jahr später nach Grundy Co., IA. Der letzte Bruder starb hier 1887 und seine Witwe wohnt noch bei German Valley; seine 4 Söhne sind alle verheiratet.
Im Jahre 1881 kam H. H. JANSSEN mit Familie. Frau JANSSEN war meine Schwester mit Namen Grietje. JANSSEN starb 1885, sein einziger Sohn 1888, von den zwei Töchtern wohnte Frau H. AKKERMANN in Wellsburg und Frau B. WESTENDORP bei Woden, Ia. Schwester Grietje starb vor 4 Jahren als Frau SCHMIDT. Des Schreibers jüngste Schwester kam in den 80er Jahren und wohnt als Frau Henry ALFKE in der Nähe von Little Rock.

Dann ging noch die KUHLMANN’s Familie nach Amerika, zuerst der Sohn Heike und später der Vater Jan KUHLMANN. Beide sind tot und liegen wahrscheinlich auf dem Silver Creek Friedhof bei German Valley.
Dann fuhren Hinderk BRUNS und Sohn Jan BRUNS mit Familie nach hier; beide schlummern hier auf dem Wellsburg Friedhofe. Die Witwe des letzteren und ihre beiden Töchter wohnen noch in Wellsburg, ein Sohn in der Nähe und der andere bei Little Rock.
Im Jahre 1889 kam W. S. a TELLINGHUISEN mit seinen 5 Kindern und noch manche andere, als Evert ROSS, Frau M. VALENTIEN und andere.
Als der Schreiber mit seinem Freunde W. S. a TELLINGHUISEN im letzten Sommer den alten Geburtsort noch einmal wieder besuchen und dort einige Monate unter den alten und neuen Canumern lebte, da wollte man von uns Aukunft haben über diesen und jenen. Manche Frage konnten wir beantworten, manche auch nicht, fanden aber, daß die O. N. den Leuten dort sowohl wie hier mehr Auskunft über alles geben wie irgend ein anderes Blatt. Ein alter Bruder in Canum sagte mir, wenn ich alles wissen will, was in Ostfriesland vorfällt, muß ich eine O. N. lesen, die in Amerika gedruckt wird, und ich glaube selbst so halb, daß er recht hat.
Nun zum Schluß noch ein paar Worte über unser altes Heimatdorf, unser altes, traute Canum, das uns lieber und teurer ist als alle andern Dörfer. Es ist fast noch dasselbe Dorf wie in unserer Jugendzeit. Die alte ehrwürdige Kirche mit dem Turm und dem Kirchhof ist wie früher. Alte Häuser sind einige abgebrochen und neue Platzgebäude sind errichtet. Wie mit den Häusern geht es auch mit den Bewohnern. Alte Familien sind nicht mehr da, neue Namen sind hinzugekommen.

Unsere Familie AUKES bestand aus 6 Söhnen und 3 Töchtern; Simon E. AUKES, schon 74 Jahre alt, und seine um 4 Jahre ältere Frau, kinderlos, halten allein noch den alten Namen in Canum auf. Nanne HEEREN und Frau, bald 70 Jahre alt, auch ohne Leibeserben, sind auch die letzten ihres Stammes dort. S. Willems und Frau geb. LOTSCHE, kinderlos, sind die letzten von einer alten Familie. OHLING’s Name ist ausgestorben, nur eine Tochter Frau E. AISSEN, wohnt noch dort. TELLINGHUISEN wird dort keiner mehr genannt; der Name des alten Predigers BOELMANN, des Lehrers JANSSEN und noch andere sind ganz fort. Die alten Geschlechter Canums stehen auf dem Aussterbeetat. Das ist nun einmal so und nicht mehr zu ändern.
Seit den letzten 13 Jahren fährt auch eine Eisenbahn fünfmal täglich von Emden an Canum vorbei nach Pewsum, Greetsiel und zurück. Wer hätte in unseren Kindertagen davon wohl geträumt! Und nun bitte ich alle Canumer hierzulande, gelegentlich von sich hören zu lassen. An alle, sonders aber an Frau Weiland,
herzlichen Gruß.
D. E. AUKES